ZiviZ-Finanzierungsstudie 2015

Weniger Subsidiarität, mehr Wettbewerb in der Zivilgesellschaft?

ZiviZ-Finanzierungsstudie 2015 (Cover)

Der Dritte Sektor ist in Deutschland äußerst heterogen strukturiert. Deshalb lassen sich nur schwer allgemeingültige Erkenntnisse zu seiner Finanzierung aufstellen. Es lassen sich dennoch einige generelle Muster hinsichtlich der Größe der Organisationen, der Finanzierungsquellen und weiterer Aspekte aufzeigen, die ein Grundverständnis der Organisationslandschaft – also von Vereinen, Stiftungen, Genossenschaften und gGmbHs – ermöglichen.

Die vorliegende Sonderauswertung des ZiviZ-Surveys 2012 arbeitet die wichtigsten Differenzierungen heraus.

Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick

 
Engagiert mit wenig Geld

  • Die Hälfte aller Organisationen verfügt über maximal 10.000 Euro Jahreseinnahmen.
  • Im Durchschnitt haben diese Organisationen 100 Mitglieder und 20 Engagierte.
  • Sie binden also bürgerschaftliches Engagement in erheblichem Umfang und organisieren breite Bevölkerungsgruppen mitgliedschaftlich.

 

Geld und Profession

  • Es gibt zwar auch finanzstarke Organisationen mit jährlichen Einnahmen im sechsstelligen Bereich, doch sie sind mit 4 Prozent die Ausnahme. 
  • Sie sind vor allem aus ökonomischer und arbeitsmarktpolitischer Sicht von hoher Bedeutung, da sich in ihnen der Großteil der 2,3 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten des Dritten Sektors konzentriert.

 

Zivilgesellschaftliche Autarkie

  • Mitgliedsbeiträge sind mit Abstand die wichtigste Einnahmequelle. 
  • 84 Prozent der Organisationen erheben Mitgliedsbeiträge, für jede dritte sind sie die Haupteinnahmequelle.
  • Im Bereich Sport und Freizeit gilt das sogar für jede zweite.
Jährliche Einnahmen von Vereinen
Jährliche Einnahmen von Stiftungen
Jährliche Einnahmen von Genossenschaften
Jährliche Einnahmen von gGmbHs

 

Nähe zum Markt

  • Zwei Drittel der Organisationen speisen ihre Einnahmen auch aus Markterträgen, zu denen etwa Eintrittsgelder für Veranstaltungen oder Gebühren für Dienstleistungen zählen. 
  • Ein Viertel finanziert sich überwiegend darüber – Tendenz steigend. 
  • Bei einem Drittel haben sich die Einnahmen aus Markterträgen in den letzten Jahren erhöht.

 

"Staatsknete" für wenige

  • Öffentliche Mittel spielen im Gesamtfinanzierungsmix eine geringe Rolle. 
  • Der überwiegende Teil der Organisationen, rund zwei Drittel, bekommt keine öffentlichen Mittel.
  • Eine Ausnahme sind die Erbringer sozialer Dienstleistungen, die öffentliche Mittel im großen Stil beziehen
  • Im Bereich der sozialen Dienste etwa finanzieren sich 20 Prozent der Organisationen überwiegend über öffentliche Mittel.

 

Öffentliche Mittel: Gewinner und Verlierer

  • Kultur- und Sportorganisationen gehen bezüglich öffentlicher Fördermittel zunehmend leer aus. 
  • Mittel von Bund, Ländern und Kommunen fließen vor allem in Organisationen, die zur Sicherung wohlfahrtsstaatlicher Leistungen beitragen, vornehmlich in den Bereichen Bildung und soziale Dienste. 
  • Aber auch im Umweltschutz sind die Einnahmen durch öffentliche Mittel gestiegen.

 

Spenden: Unterschätzte Größe

  • Die Rolle von Spendeneinnahmen wird in der deutschen Debatte zum Gesamtfinanzierungsmix meist unterschätzt. 
  • Dabei generieren die Organisationen im Durchschnitt rund ein Fünftel ihrer Einnahmen über Spenden.
  • Besonders kleine Organisationen in den Bereichen Bildung und soziale Dienste sind darauf angewiesen.
  • Annähernd jede dritte finanziert sich überwiegend über Spenden.
  • Die Organisationen berichten zudem, dass diese Form der Einnahmen in den letzten Jahren gestiegen ist.

 

Unentbehrliches Plus

  • Eine besondere Form der Förderung, die vor allem von den Kommunen geleistet wird, sind materielle Unterstützungen. 
  • Jede zweite Organisation profitiert von der Bereitstellung von Infrastrukturen wie Räumen und Sportanlagen, Sachspenden und Personalleistungen.

 

Die Mischung macht's

  • Die finanzielle Situation der Organisationen ist von vielen Faktoren abhängig.
  • Vor allem Größe und personelle Ressourcen, also die Anzahl eingebundener Mitglieder, freiwillig Engagierter und hauptamtlich Beschäftigter, hängen mit den Finanzierungsmodi zusammen. 
  • Kleine, rein bürgerschaftlich getragene Organisationen finanzieren sich vorwiegend über Mitgliedsbeiträge und Spenden. 
  • Professionalisierte Großorganisationen finanzieren sich eher über einen Mix aus öffentlichen Mitteln und Markterträgen.

 

Zwei Gesichter

  • Generell lassen sich zwei gegensätzliche Organisationstypen identifizieren: 
  • Moderne große Dienstleister in sozialstaatsnahen Bereichen mit einem Finanzierungsschwerpunkt durch Staat und/oder Markt
  • und das selbstorganisierte Assoziationswesen mit sehr kleinen Organisationen, die sich insbesondere über Mitgliedsbeiträge und Spenden finanziert.

 

Bibliografische Angaben

Jana Priemer, Anaël Labigne, Holger Krimmer:
ZiviZ-Finanzierungsstudie 2015
Edition Stifterverband
Essen 2016
ISBN: 978-3-922275-65-7
72 Seiten